Zur ungewohnten Zeit, nämlich bereits am Freitag um 20.30 Uhr, tritt der VfL Günzburg bei der HSG Konstanz an. Dabei begegnen sich sportlich krasse Gegensätze. Auf der einen Seite die HSG, ungeschlagen, punktgleich mit dem TuS Fürstenfeldbruck, ganz oben an der Tabellenspitze und auf der andere Seite ganz unten mit einem ganzen Pluspunkt, punktgleich mit dem TSV Blaustein, der Verein für Leibesübungen.

Die Südbadener stiegen vergangene Saison auch wegen einer Quarantänemaßnahme zur Unzeit aus der 2. Liga ab. Zuletzt gelang es dem Vorzeigeverein nicht sich in der zweithöchsten Spielklasse zu etablieren, leistungsmäßig befindet man sich am Übergang zwischen zweiter und dritter Handballliga. Das dokumentieren die Tabellensituationen der letzten Jahre. Insgesamt kann man auf sieben stolze Zweitliga-Jahre zurückblicken. Der Konstanzer Weg ist Deutschland-weit vielbeachtet und ein echtes Erfolgsmodell, das irgendwann einmal wieder die Etablierung in der 2. Liga ermöglichen sollte. Es gibt eine Kooperation des Konstanzer Spitzenhandballes mit der Exzellenzuniversität Konstanz und der Fachhochschule HTGW Konstanz.. Exklusive Stipendien können an Kaderspieler, die sich der HSG anschließen, verliehen werden. Das zieht natürlich, wer möchte nicht seinen Traumstudienplatz im schönen Konstanz am schwäbischen Meer belegen? Das niedrige Durchschnittsalter der Mannschaft erklärt sich auch so. Vater des Konstanzer Erfolgsgeschichte ist Otto Eblen, seit 1991 Präsident der HSG Konstanz. Dessen Sohn Daniel stand sage und schreibe achtzehn Spielzeiten zwischen dritter und zweiter Liga auf der Kommandobrücke der Konstanzer ersten Männermannschaft. Auf eigenen Wunsch ging er als Co-Trainer nach der letzten Saison zurück ins zweite Glied. Ein Verein voller Kontinuität und Tatkraft, der immer wieder Visionen verwirklichte. Nachfolger als Chefcoach wurde der EHF-Mastercoach Jörg Lützelberger. Unter seiner Ägide läuft es weiter wie bisher: Erfolgreich, sehr erfolgreich!

Vom Kindersport bis zur 3. Liga ist der Verein phantastisch aufgestellt. Die Reservemannschaft spielt in der BWOL (4. Liga), alle Jugendmannschaften in den höchsten Ligen. Allein die A-Jugend schaffte es zehnmal in die JBLH. Zusammen mit dem Studienstandort natürlich Traumvoraussetzungen, die nicht zugeflogen, sondern hart erarbeitet wurden.

Das Spiel wird auch ein Familienduell der Czakos. Aaron Czako; der ältere Sohn von VfL-Trainer Gabor Czako spielt im 3. Liga-Team pfeilschnell und erfolgreich auf Linksaußen. Adam, der drei Jahre in der VfL Jugend den Ball warf, kämpfte für die Konstanzer letzte Spielrunde in der JBLH und jetzt als Perspektivspieler in der BWOL-Mannschaft. Die Czakos sind eben sehr ehrgeizig, die Günzburger 1. Männermannschaft kann ein Lied davon singen. Der Papa wird sich bestimmt was einfallen lassen, darauf hofft man beim VfL; auch gegen den starken Konstanzer Linksaußen.

Bei diesen Ausgangspositionen bleibt für den VfL natürlich nur die Außenseiterrolle. Am Bodensee muss man nicht gewinnen. Vielleicht ein Vorteil, die Bürde des Unbedingt-Gewinnen-Wollens bei den Heimspielen gegen die TSG Söflingen und den TSV Neuhausen tat den Günzburgern bislang noch gar nicht gut. Zumindest dieser Druck ist diesmal weg.

Von Seiten der VfL-Abteilungsleitung gibt es keine Kritik an der Mannschaft. Im Gegenteil: Es wird ordentlich mitgelitten. Man weiß wie groß der Sprung von der Bayernliga in die 3. Liga ist und wie viel die Jungs und Trainer investieren. Mit Ausnahme des Oppenweiler-Debakels – auch solche Ergebnisse gehören zum harten Leben eines Liga-Neulings – entschieden sich alle Spiele erst in den Schlussphasen. Wenn ruhig weiter gearbeitet wird, werden sich auch Erfolgserlebnisse einstellen. Jeder Fan, der bislang die VfL-Spiele verfolgte, erkannte, dass da eine Mannschaft mit aller letztem Einsatz zu Werke geht. Im falschen Moment werden einfach noch ein oder zwei Fehlentscheidungen zu viel getroffen. Konstanz ist der nächste Entwicklungsschritt in der Rolle des Außenseiters – eine Situation, mit der sich die Mannschaft gut auskennt. Wäre sie nicht schon oft genau dann über sich hinausgewachsen, stünde sie nicht da; wo sie heute steht auf ihrem bescheiden anmutenden Günzburger Weg; wenn man die Konstanzer Panorama-Hochstraße betrachtet. Knoten können überall platzen, auch ganz unten im Südwesten.

Es besteht im Mannschaftsbus nach Anmeldung Mitfahrgelegenheit.