Herren – Regionalliga
Nach einer spektakulären Schlussphase verlor der VfL Günzburg beim Anzinger SV zwei schon eingepackte Punkte mit 29:28 (15:18). Zuvor hatten die Weinroten mit nach 55:52 Minuten mit 24:28 geführt.
Der Bedeutung der Aufgabe bewusst waren die Schwaben sehr rechtzeitig angereist. Dennoch begann das Spiel mit zehnminütiger Verspätung, damit die Gastgeber ihre urige Einlaufzeremonie bewältigen konnten. Vor gut gefüllter Kulisse wurden dann die Löwen aus ihrer Kabine in den Käfig herausgelassen. Das puschte die fröhlichen Oberbayern und den Hallensprecher, der wie immer zu größter Form auflief. Die vielen mitgereisten VfL-Fans waren zwar vorgewarnt, wunderten sich aber dennoch, so was muss man sich schon auch trauen. Nur im Circus Maximus bei den Gladiatoren und den anderen Löwen dürfte es ähnlich dreist zugegangen sein. Die Stimmung gab den Verantwortlichen zu 100 Prozent recht. Sie war großartig.
Der Funke sprang auf das Spielfeld über. So soll es sein. Beide Abwehrreihen packten entschlossen zu, in Höchstgeschwindigkeit wurde über das Spielfeld gefetzt. Ordentliches Regionalliganiveau gab es in der ersten Halbzeit zu sehen. Nach neun Minuten erzielte Nicolai Jensen das 3:5. Kurz darauf erhielt Lukas Eichinger wegen eines rüden Fouls eine Rote Karte. Das Spiel war hart, Spieler und Zuschauer mögen das. Die Schiedsrichter Florian Güßregen und Stefan Murrmann hielten die Mannschaften sicher an der langen Leine und zerpfiffen körperlichen Einsatz nicht. Die Disqualifikation half den Günzburgern. Gabriel Scholz und wieder Nicolai Jensen schraubten die Führung auf 3:7 hoch. Der VfL hatte hier seine beste Phase. Temporeich wurde über die starken Außen David Pfetsch und Noah Heisch gespielt.
Am weinroten Handballfaden wurde sicher kombiniert, völlig unnötig häuften sich dann technische Fehler und Fehlwürfe. Die Löwen brüllten wieder. Philipp Ziegler traf zum 11:11, Jonas Kiefer zum 12:12. Als Routinier Manuel Scholz zweimal traf, war die Spielkrise schnell überwunden. Wenig später erzielte Noah Heisch das 14:18. Gewechselt wurde gerecht bei einem Spielstand von 15:18.
Vielleicht lag es am hohen Tempo der ersten Halbzeit, vielleicht an zupackenden Abwehrreihen. Tore blieben plötzlich Mangelware, der VfL dennoch am Drücker. In der 38. Minute gelang Jonathan Cremer, der an diesem Tag effektivster Angreifer seiner Farben war und auch umsichtig deckte, das 17:22. Anzing sah seine Felle schon
davon schwimmen, stellte auf eine offensivere Deckungsformation um. Jussi Hofmann und später Jonas Kiefel gelangen die Anschlusstreffer zum 22:24 und 23:24.
Schwer verständlich dieser taktische Einbruch. Besonders der Günzburger Handball beschäftigt sich von Jugend an ausgiebig mit offensiven Deckungsformationen und den dazu gehörigen Gegenmitteln. Da auch der TSV im Angriff nur mehr Stückwerk produzierte, die VL-Abwehr von eigenen Angriffsfehlern erfreulich unbeeindruckt blieb und Patrick Bieber über 58 Minuten sein Tor immer wieder vernagelte, blieb es bei „advantage Günzburg“. Michael Jahn und Nicolai Jensen schraubten das Ergebnis auf 23:26 hoch. Als Manuel Scholz zum Ende der 56. Minute zum 24:28 einnetzte, schien die Siegerstrafe erreicht.
Jonas Kiefer traf zum 25:28 – sollte so kurz vor Schluss eigentlich kein Problem sein. Gabriel Scholz erhielt eine Zeitstrafe. Das schafft dem gegnerischen Angriff Raum, der vorher halt nicht da war. 26:28. Noch nichts Unlösbares, so eine Zeitstrafe vergeht ja.
Urplötzlich eine Spielunterbrechung vom Kampfgericht. Wechselfehler Patrick Bieber und regeltechnisch berechtigter Siebenmeter, weil mit dem Pfiff eine klare Torgelegenheit der Anzinger vereitelt wurde. 27:26! Doppelte Unterzahl. Noch mehr Raum.
Wie so oft, wurde nun der Verstand ausgeschaltet. Verschwörungstheorien gegen Zeitnehmer/Sekretär und die Schiedsrichter brachen sich Bahn. So was lenkt ab. Ein weiteres Tor von Florian Ehrenstorfer: 27:27. Es
lichteten sich die einen Felle. Ganz weinrot sah er plötzlich aus. Irgendwie schienen die Gäste den letzten Angriff doch über die Zeit zu bringen. Bei 59:50 erhielt der VfL zwar in Unterzahl, aber auf der aller günstigsten Rückraummitteposition einen Freiwurf. Verschiedene Varianten sind einstudiert und bei klarem Verstand abrufbar. Bei 59:53 wurde genau dieser entscheidende Freiwurf nach Ansicht der Schiedsrichter zeitverzögernd falsch ausgeführt. Rote Karte für Daniel Jäger und Siebenmeter für die Gastgeber – mehr und schlimmer geht nicht. Wieder nicht im Kampf, sondern die zweite reine Ordnungswidrigkeit. Florim Hoxha traf unter lautem Jubel seines (Löwen)Rudels und deren begeisterten Fans zum 29:28.
„Zeitstrafen und Disqualifikationen sind im Handball bei allen Vermeidungsstrategien im Kampf mit den Gegenspielern unvermeidbar. Wechselfehler und die meisten Wurfausführungen sind eine Frage der Disziplin. Es sind vermeidbare Ordnungswidrigkeiten ohne Spielraum für die Schiedsrichter, Da alles sehr schnell geht und auch Zeitnehmer/Sekretäre und Schiedsrichter Fehler machen können, muss man sich die Schlussphase erst einmal in Ruhe am PC anschauen bevor man abschließend urteilt, so Cheftrainer Hofmeister; „nach dem Spielbericht haben wir zweimal kurz hintereinander zu unserem eigenen Schaden zwei rote (Regel)Ampel überfahren und uns auch noch erwischen lassen“.
Glückwunsch nach Anzing zu den zwei Punkten und zum kühlen Kopf.
Hier geht es zum Spielbericht:
https://bhv-handball.liga.nu/cgi-bin/WebObjects/nuLigaHBDE.woa/wa/groupMeetingReport?meeting=7765078&championship=BHV+2024%2F25&group=389129