Schon das Ergebnis verdeutlicht: Die Günzburger Damenhandballherrlichkeit der Saison 19/20 ist Vergangenheit. Die Mannschaft wird sich neu finden müssen. Der Kader ist dünn, wenn dann auch noch Leistungsträgerinnen fehlen, dann bleibt die schiere Kampfkraft, Dabei kann selbst den willigsten Athletinnen die Kraft ausgehen, genau das geschah am vergangenen Freitag irgendwo im Ebersberger Forst.
Die Begegnung begann ausgeglichen bis Linkshänderin Nina Porkert zum 3:3 einwarf. Die Chancen mussten von Anfang an hart erkämpft werden, auf einfache Rückraumtore durfte man nur durch Schlagwerferin Tanja Stoll hoffen. Mit der Langzeit-verletzten Lena Götz fehlte die Top-Scorerin der letzten Jahre und auch Martina Jahn, die für ihr Team sonst immer Verantwortung durch kraftvolle Sprungwürfe übernimmt, konnte nicht auflaufen. Kurz vor Spielbeginn musste sie wegen einer Gehirnerschütterung, die sie im Abschlusstraining erlitt endgültig passen. Die verbliebene Taktik mit Tempo und permanenten Durchbruchsversuchen zum Erfolg zu kommen, fruchtete zunächst. Doch in den großen Sportspielen mit Ziel folgt auf die errungene „klare Chance“ der zweite Spiel-immanente Wettkampf: Das „Eins-gegen- Eins“ der Werferin gegen die Torfrau. Und da scheiterte der tapfere Rest zu oft. Die Folge ist immer zweidimensional: Zum einen gibt es keine Gründe den nicht unwichtigen Torerfolg zu feiern, was grundsätzlich schlecht für das Ergebnis ist und zum anderen gerät man in die Gegenstoßfalle. Diese doppelte Crux der Verwerfenden griff schnell: In der 17. Minute stand es 7:4, in der 20. 10:4.
Womit über den zweiten Grund der Niederlage geschrieben werden muss: Nicht nur die Torhüterinnen des TSV erwischten einen Sahnetag, sondern das gesamte Gastgeberteam spielte wie entfesselt und kannte fast schon bedauerlich wenig Gnade mit den personellen VfL-Problemen. Weinrote Kampfkraft und ein vorübergehend besser eingestelltes Visier ließen vage Hoffnungen aufkommen. 12:9 ist beste Handball-Schlagdistanz und auch der 14:9-Halbzeitstand ist wahrlich kein Grund für eine erfolgsverwöhnte Handballerin den Kopf in den Hallenboden zu stecken.
Abgekämpft, aber zuversichtlich wirkten die Spielerin um die fünffache Torschützin Alena Harder, die vorher immer wieder und irgendwie selbst kleinste Lücken genutzt hatte, beim Hilfe-suchenden Halbzeitgespräch.
Beim 16:13 in der 35. Minute schien sich eine „Materialschlacht“ anzudeuten. Doch das weinrote Material ermüdete und konnte dem immensen Druck der Ebersbergerinnen nicht mehr lange stand halten. Wieder ein paar Fehlwürfe befeuerten die Gegenstoßmaschine der Oberbayerinnen. Ruck-zuck und unerbittlich stand es bereits in der 40. Minute 22:13. Bis zum 26:14 waren die Schützlinge von Peter Kees und Frank Stadler in ein feistes 1:10 geraten. Bei derartig vielen eigenen Fehlwürfen, kostete dies nicht einmal besonders viel Kraft. Gegenstoßtor auf Gegenstoßtor war gefolgt. Frau muss im Handball einfach seine Chancen nützen, die Vorwärtsbewegung ehemaliger Abwehrspielerinnen wird immer schneller sein als die Rückwärtsbewegung der Verwerfenden. Rückzugsverhalten ist auf Dauer keine Lösung, man muss treffen. Sportberichterstattung ist so herrlich einfach, fast allwissend und man schwitzt dabei nicht einmal!. Das Phänomen wird verstärkt, wenn das Erarbeiten der Torchancen so viel Kraft kostet wie an diesem Tag. Erst die Torchance aufwendig zu erarbeiten, dann beim Wurf zu scheitern, dann wieder zurück zu sprinten, das geht nur ein paar Mal:. Schmerzlich wurden Lena Götz und Martina Jahn beim aufkommenden Debakel vermisst. Auch der Weggang von Sonja Christel fällt ins Gewicht, auf jeder einzelnen Rückraumposition hatte sie in der vergangenen Saison geholfen mal mit ihrer Cleverness, mal mit einem Rückraumtor. Neue Lösungen müssen im Wettkampf erst noch gefunden werden. „Wir schaffen das“, blickt das Trainergespann optimistisch nach vorne.
Das Spiel war früh vorüber, nicht die Spielfreude der Gastgeberinnen um Theresa Lettl (7) und Christina Schweiger (5). Sie jagten zu einem am Ende auch in der Höhe verdienten 33:19. So kurzweilig der Handballspaß für die Obsiegenden war, so lang wirkten die 60 Minuten für die Unterlegenen. Wehe den Besiegten, wussten schon die Gladiatoren.
Für die Günzburgerinnen gilt es nun den Mund abzuwischen und an der Wurfeffektivität zu arbeiten. Peter Kees kennt dafür genügend geeignete Übungen. Technische Probleme sind lösbar. Am Samstag um 17.30 Uhr kommt die Reservemannschaft aus Regensburg bis dahin dürfte Martina Jahn wieder einsatzfähig und ein paar vermeidbare Fehler gut aufgearbeitet sein. Niederlagen machen ein gutes Team stärker, weil sie die Chance aus Fehlern zu lernen bieten. Na also!