In seinem vorerst letzten 3. Liga-Spiel demonstrierte der VfL Günzburg beeindruckend konsequent, warum er völlig zu Recht den Abstieg in die bayerische Handballheimat antreten muss. Wer auswärts so auftritt, hat im semi-professionellen Bereich nichts zu suchen. Am Ende einer langen, verlustreichen Saison mit vielen Verletzten und wenigen Punkten, in der man vom zweiten Spieltag an darunter litt, dass man sich nach aufreibenden Kämpfen Woche für Woche die halb gebrochene Krone wieder zurecht rücken musste, reichte es nur noch für engagierte Heimspiele – auswärts ging nichts mehr. Menschlich verständlich, manch Krone bricht halt auch, andere setzt man noch schiefer auf als vorher oder man vergisst sie gar mit zum Auswärtsspiel zu nehmen – leistungssportlich enttäuschend.

Nur zu Spielbeginn erlebten die Zuschauer, die nach der Partie mit ihrer Mannschaft den Klassenerhalt feierten, eine Begegnung auf Augenhöhe als Matevz Kunst – er sollte mit sieben Treffern erfolgreichster Werfer seiner Farben werden – das 3:3 erzielte. Danach war es rum mit der Günzburger Handballherrlichkeit. Die Abwehr – zuletzt zu Hause durchaus ein Bollwerk – war viel zu löchrig. Nahezu jeder Zweikampf wurde verloren, aber auch das eigene System gab keine Sicherheit. Dumme Fragen wurden gestellt, anstatt entschlossen zu handeln. Die Nebenleute kooperierten nicht. Patrick Friedmann erzielte schnell das 7:3, Manuel Civac das 11:4. Bei der Saisonhistorie, dem sicheren Abstieg war das leider schon eine Art Vorentscheidung. Der allein gelassene Torwart Patrick Rösch wurde durch Patrick Bieber ersetzt, eine Auszeit wurde genommen. An der Dominanz der Rheinland-Pfälzer änderte das nichts. Eine defensivere Deckungsformation half vor der Halbzeit, Sergi Sanchez erzielte kurz vor dem Pausenpfiff zwei seiner sechs Treffer zum 19:13. Eine Sechs-Tore-Differenz bietet im ereignisreichen Handball gute Möglichkeiten für ein akzeptables Endergebnis.

Auch deswegen griff Trainer Hofmeister in der Halbzeit noch einmal zum didaktischen Mittel des Donnerwetters. Das verhallte. Die Eulenreserve, die in der Vorrunde Tabellenletzter waren, wollte gleich nach Wiederanpfiff ihren Fans eine Steilvorlage für eine fulminante Nichtabstiegspartie liefern. Der VfL schaute viel zu Etliche Kronen wurden aufgeregt hin und her gerückt. Einige fielen gar herunter. Auf dem Spielbericht wird das durch ein 27:16 von Emanuel Nova in der 44. Minute dokumentiert. Natürlich wurde Jakob Hermann, der wegen einer Vorlesung fehlte, schmerzlich hinten wie vorne, aber auch dazwischen bei der zweiten Angriffswelle, vermisst. Als Ausrede taugt dies nicht, auch die Einheimischen mussten auf viele Akteure verzichten. Erstaunlich wie breit und ausgeglichen ihr Kader besetzt ist. Sandro Jooß nutzte das Spiel um in die Zukunft zu blicken. Alexander Jahn bekam sowohl im Rückraum als auch als Halbverteidiger ausgiebige Einsatzzeiten und überzeugte mit Spielübersicht. Daniel Jäger, der als Kreisläufer und Abwehrchef an seinem Körper monatelang Raubbau betreiben musste, wurde weitestgehend geschont. Yannick Meye vertrat ihn nicht nur wegen seiner zwei Tore ausgezeichnet. Der Torhunger der Friesenheimer und Hochdorfer war langsam gestillt. Der VfL spielte wieder auf Augenhöhe. Den Schlusspunkt setzt Luca Kaulitz mit einem herrlichen Kempatreffer zum 35:25. Die drei mitgereisten Tapfersten aller Fans der 1. Männermannschaft und der Busfahrer hatten wenigstens jetzt noch einmal Grund zum Jubeln. Auf solche Fans in schwierigster Zeit und bei schönstem Wetter kann man stolz sein.

Die Abstiegsentscheidungen in der 3. Liga sind somit gefallen. Aus der Vorrundengruppe, der die Weinroten angehörten, verbleibt der TSV Neuhausen in der Liga. Die Nachbarvereine TSG Söflingen und TSV Blaustein, müssen ebenso in die Baden-Württemberg-Oberliga wie der TV Plochingen, der ganz knapp in einem Dreiervergleich am Klassenerhalt scheiterte. Neben dem VfL müssen auch HSC Coburg 2 und der HSC Bad Neustadt in die Bayernliga. Für die Mannschaft um Michael Jahn gibt es montags noch eine Abschlussbesprechung mit Verabschiedungen. Danach folgt eine dringend notwendige Pause. Nach Jahren stetigen Aufstiegs ist die Mannschaft von einem zermürbenden Abstiegskampf unter Corona-Bedingungen erschöpft. Im gesamten Juni wird für sie kein Handball durch die Halle fliegen. Genügend Zeit um sich in aller Ruhe um die eigenen Kronen kümmern. Ein Großteil der Mannschaft will sich gar bei einer Abschlussfahrt nach Mallorca danach auf die Suche machen.