Mit einem nie erwarteten 20:34 (10:17) gelang den VfL-Damen ein echter Befreiungsschlag, dabei hätten die Sorgenfalten nicht größer sein können. Wichtige Spielerinnen konnten die Reise ins Oberbayrische gar nicht mit antreten, außerdem toben sich verschiedene Erkältungsviren (kein Corona!) schon seit einiger Zeit in der Mannschaft aus. Das schwächt und erschwert die Vorbereitung. Da war es gut, dass gleich zwölf begeisterte VfL-Damenhandballfans, darunter die Spielerinnenmänner Daniel Jäger und Patrick Bieber, sowie ein Trommler zur lautstarken, aber stets freundlichen Unterstützung in der gut besuchten ASV-Halle aufwarteten.

Schon bei der Einwärmung war zu spüren, dass die Günzburgerinnen zum Kampf entschlossen waren. Von holder Zurückhaltung und charmantem Auftreten war gar nichts zu spüren, undamenhaft aggressiv und laut ging es zu. Die Atmosphäre war aufgepusht. Zu Hause und am Arbeitsplatz ist das schlecht, gerade in Mannschaftssportarten kann das aber sehr hilfreich sein.

Martina Jahn erzielte per Siebenmeter gleich das 0:1, dabei handelte es sich um einen sogenannten Gewaltwurf, der selbst als Querschläger oder Streifschuss nicht ungefährlich gewesen wäre. Sieben solcher “Dinger”, darunter ein gefühlvoller Lupfer als Handball-Kunststück, sollten ihr bei sieben Versuchen an diesem Tag gelingen. Weil sie zudem wie entfesselt aus dem Rückraum warf und und die Abwehr zusammenhielt, kann sie getrost als “Player*in of the match” bezeichnet werden.

Überhaupt machte der Rückraum an diesem Tag den Unterschied. Neben Martina Jahn, erwischten auch die durchsetzungsfähige Alena Harder und die wurfgewaltige Tanja Stoll einen Sahnetag. Oder lag es doch an der Abwehr? Die Oberbayerinnen blieben zu passiv, die Schwäbinnen hingegen stellten sich permanent entschlossen in den Weg und zwangen den ASV-Rückraum durch geschickte Antizipation immer wieder zu technischen Fehlern.

Auswirkungen auf das Spiel waren erst von 2:3 auf 2:6 und später vom 5:7 auf 5:12 zu spüren. In die Halbzeit ging es mit 10:17. Ein großer Vorsprung in einem einzigen Damenhandballspiel. Das spürte man auch bei entspannten Halbzeitgesprächen. Weder musste mit den Handballgöttern gehadert werden, noch ging es um die Benachteiligung des Damenhandballs im allgemeinen. Mama Harder und Mama Schütte sprachen ganz offen über Probleme beim Schuh- und Wollekauf speziell in der Corona-Krise. Gleichstellungsbeauftragter Hofmeister diskutierte, ob es sich bei dem ausgezeichneten Schiedsrichter*innen Petronela Richter und Ulrich Grimm um ein “Schiedsrichtergespann”, ein “Schiedsrichter*innengespann” oder doch um zwei “Pfeifende” im besten Sinne handelt. Wegen des drohenden Wideranpfiffs kam es zu keiner Entscheidung, aber ein Ausschuss wurde gegründet.

Dachau hatte in diesen zehn Minuten ganz andere Probleme, kam aber hoch motiviert aus der Kabine. Das Torewerfen fiel den Günzburgerinnen plötzlich schwer. Als die siebenfache Torschützin Teodora-Bianca Necula zum 13:19 einwarf, kreisten im VfL-Fanblock triste Gedanken von einem krankheitsbedingten Zusammenbruch. Man und Frau hatten schließlich schon einiges erlebt. Doch Nina Porkert stoppte die oberbayrischen Hoffnungen jäh. Zuerst wurde sie von Selina Schlund mit einem befreienden Gegenstoßpass auf die Reise geschickt und kurz darauf von Alena Harder eingesetzt. Diese zwei leichten Tore brachen den letzten Widerstand. Der VfL steuerte einem ungefährdeten 20:34 entgegen und hatte am Ende eines erfreulichen Handballtages mit 4:4-Punkten den Anschluss ans Mittelfeld geschafft. Eine Niederlage hätte mit 2:6-Punkten den vorletzten Platz bedeutet. Um viel war es gegangen.

Ach ja ein erfolgreiches Comeback gab es auch: Annelie Galgenmüller, eine frühere Leistungsträgerin, beendete ihr Studium in Regensburg und spielte erstmals wieder für den VfL. Drei Tore gelangen ihr dabei. Für die Innenverteidigung und im Angriff haben die Kees-Brüder nun zusätzliche groß gewachsene Alternativen.