Am Wochenende des dritten Adventes beschleichen einen gerne friedvolle Gedanken an eine schöne Bescherung im Kreise seiner Allerliebsten. Bestimmt hoffte auch der ein oder andere der knapp 200 tapferen Zuschauer, der Eis und Schnee, aber auch den sehr aufwendigen Corona-Kontrollen trotzte an einen passend beschaulichen Handballabend. Doch sie und die Günzburger 1. Herrenmannschaft hatten die Weihnachtsrechnung ohne den ungebrochenen Siegeswillen der Jung-Gallier von der Alb gemacht. Sie wollten Punkte – sonst nichts – nicht einmal Geschenke hatten sie dabei – um auch weiterhin ihren hohen Ansprüchen gerecht zu werden.

Da Handballer aus Balingen und Weilstetten auf vielen Hochzeiten und keinen Weihnachtsfeiern zwischen HBL, 3. Liga und JBLH tanzen, hängt des Gegners Glück häufig von parallelen Veranstaltungen ab und da erwies sich dieses Adventswochenende als eher unglücklich für die Günzburger Schwaben. HBW Balingen-Weilstetten 1 unterlag zwar am vergangenen Donnerstag in größter Personalnot zu Hause gegen MT Melsungen mit 25:34 (6:12), hatte aber am Wochenende komplett spielfrei. Da bei den Galliern die Kooperation der Leistungssportmannschaften sehr ernst genommen wird, bedeutete das für das 3: Liga-Spiel, dass mit Nicola Stevanovic, Till Wente, Tobias Heinzelmann und Filip Baranasic gleich vier Spieler aus dem Melsungen-Kader mit an die Donau reisten.

Ob allein der starke Kader um Trainer Micha Thiemann reichte um die VfL Spieler derartig einzuschüchtern, dass all ihre hoch gelobten Kampfestugenden aus den letzten Wochen und Monaten diesmal vermisst wurden? Wohl nicht! Klar fehlten beim VfL reihenweise Leistungsträger und ganz sicher sind auch die Kampfeslustigsten irgendwann einmal müde. Es war auf alle Fälle ein komplett chancenloser Auftritt, der so gar nicht zu den vielen Spielen davor – vielfach an der eigenen Leistungsgrenze – passte.

Die ersten beiden Treffer erzielte ein gut gelaunter Michael Jahn, der in der ersten Halbzeit der durchschlagskräftigste Rückraumspieler seiner Farben war. Insbesondere im Rückraum lief an diesem Tag nicht viel zusammen, sehr schmerzlich wurden die mutigen Aktionen von Andre Alves vermisst. Zwei Treffer von Jan Bitzer glichen das Spiel aus und schnell wurde klar, dass Tore-Jagd an diesem Abend eine Einbahnstraße Richtung Günzburger Tor werden sollte, obwohl Torwart Patrick Bieber noch Schlimmeres verhinderte. Blitzschnell schaltete der Gast aus einer bärenstarken 6:0-Deckung um und benötigte bis zur hundertprozentigen Torchance ganz erstaunlich wenige Passstationen. Tobias Heinzelmann erzielte schnell das 2:7, Dennis Fuoß per Siebenmeter das 5:14. Die wochenlang zu recht gelobte VfL-Deckung bekam überhaupt keinen Zugriff auf ihre schnellen Gegner. Zur Halbzeit stand es 8:19. An einem solchen Tag gegen einen solch entschlossenen Gegner längst die Vorentscheidung.

Trainer Gabor Czako, der kaum Wechselmöglichkeiten hatte, versuchte seine Mannschaft im zweiten Durchgang wenigstens perspektivisch voranzubringen, wenn schon die Begegnung nicht mehr umzubiegen war. Im Tor bekam Sascha Langhans nach monatelangen guten Trainingsleistungen mal wieder eine Chance. Und rechtfertigte das Vertrauen mit etlichen Paraden. Die permanente Fortentwicklung des Ergebnisses von 14:29 (41. Minute), 21:36 (54. Minute) bis zum 23:40 konnte freilich auch er nicht verhindern. So lieferten vor allem Spieler Lichtblicke, die sonst weniger im Focus stehen. Oliver Klöppel deutete auf der Spielmacherposition an, dass er durchaus eine Alternative ist. Und für viele überraschend erzielte auch Luca Kaulitz zwei Treffer, der seit dieser Saison hauptsächlich für den Landesligisten TSV Mainburg spielt. Vorsorglich hatte man ihn mit einem Zweitspielrecht ausgestattet, dass es für Berufspendler gibt, deren Wohnsitze mehr als 100 Kilometer auseinander liegen. Jetzt, da mit Balazs Toth ein etatmäßiger Linksaußen lange ausfällt, zahlt sich diese Weitsicht aus.

Natürlich hätte sich jeder einen andere Verabschiedung in die Weihnachtspause gewünscht, besonders Nicolai Jensen, der an diesem Tag auch noch Geburtstag feierte. Nur ist ein langer und harter Nichtabstiegskampf kein Wunschkonzert. Und wenn man am Ende seiner Kräfte ist, dann gehören einfach auch einmal Spiele ohne Chance dazu. Das nächste Spiel ist erst wieder am 22.01.22 um 20.00 Uhr zu Hause gegen HC Oppenweiler-Backnang. Die Pause kommt genau im richtigen Moment. Das Team ist vom vielen Kämpfen erschöpft, der Kader ausgedünnt und die Pause gibt einigen schmerzlich vermissten Akteuren genügend Zeit für eine Rückkehr in die Mannschaft. Im neuen Jahr werden die Karten und die Hygieneregeln neu gemischt sein. Es ist ja auch nur die Vorrunde für den späteren Play-Down, bei dem nur ein einziger Gegner (hoffentlich der richtige) mit Punkten aus aus dieser Vorrunde mitgeht. Und eine Mannschaft ist das ganz sicher nicht: HBW Balingen-Weilstetten 2. Also alles nur eine harte Lehre, wenn die richtigen Schlüsse daraus gezogen werden.