Am Sonntag um 17.00 Uhr wurde in der Egelsee-Sporthalle ein Handballdrama aufgeführt. Nichts war von der schönen Leichtigkeit des Mannschaftssportes, von Vereinsgemütlichkeit oder feiner Handballästhetik zu spüren. Zäh wurde auf dem Feld gerungen, verzweifelt auf der Tribüne mitgelitten und angefeuert, es gab Verletzte, am Ende nur einen Schiedsrichter, Helden und einen Verlierer, den VfL Günzburg.

Beide Mannschaften hatten ihre Personalsorgen, die scheinbar besonders in der 3. Liga zur Tagesordnung gehören. Beim VfL feuerten die Landzeitverletzten Julian Ruckdäschel und Balazs Toth von den Sitzplätzen aus lautstark an. Sie litten ganz furchtbar mit. Andere Verletzte kehrte gerade in das Team zurück. Beim TSV fehlten gar die Haupttorschützen Timo Durst und Philipp Keppeler. Leicht hatten es beide Teams also wirklich nicht:

Vielleicht machte das auch vorsichtig. Auf alle Fälle stand das Tempospiel, für das beide Mannschaften bekannt sind, nicht wie gewohnt im Vordergrund. Vielleicht wurden von Anfang an auch nur Kräfte eingeteilt? Bis zum 3:3, Jakob Hermann zeigte sich in bester Spiel- und Wurflaune und 7:5 in der 13. Minute verlief das Spiel vorsichtig und weitestgehend ausgeglichen. Die Gastgeber, die noch keinen einzigen Heimsieg verbuchen konnten, legten dann ihre Nervosität ab, während der VfL weiter sich nicht so recht Handball spielen traute, in dieser ersten Halbzeit. Die MadDogs enteilten ohne dass die VfL-Defensive Zugriff erhielt. Dokumentiert wird das im Spielbericht durch ein 9:5, 12:6 und ein 15:7 in der 25. Minute. Das Halbzeitergebnis von 16:9 war hart, gerecht und Ausdruck von Günzburger Hilfslosigkeit. Die mitgereisten VfL-Fans waren betroffen, so stellt man sich Nichtabstiegskampf bei einem direkten Konkurrenten nicht vor. Kurz vor der Halbzeit verletzte sich Schiedsrichter Marc Aurel Bude, so dass sein Partner Jonas Ehlert die schwierige Begegnung alleine zu Ende leiten musste. Das gelang ihm gut. Er wirkte sicherer als die Mannschaften.

Zu Gute halten muss man den Weinroten, dass es den Trainern und der Mannschaft in der Halbzeitpause gelang, den Schalter umzulegen. Viel entschlossener kamen die Czako-Schützlinge aus der Kabine, die VfL-Abwehr wurde zum Bollwerk. Der VfL-Angriff wirkte plötzlich mutig: Zweimal Sergi Sanchez, je einmal Yannick Meye und David Pfetsch trafen für ihre Farben bis zur 36. Minute. Alles ging ruck-zuck: 16:13 ! Das ist im Handball Schlagdistanz und gibt nach hohen Rückständen Auftrieb und neues Selbstvertrauen. Die VfL-Fans waren begeistert, verzweifelt feuerten hingegen die TSV-Anhänger an. Erinnerungen an Heimniederlagen waren plötzlich wieder präsent. Nico Jensen fand zur alten Form zurück und in der 43. Minute stand es 19:17. Die MadDogs wirkten jetzt müder.

Yannick Meye verletzte sich wieder an der Schulter, Sergi Sanchez schied mit einer Oberschenkelverletzung aus. 3.-Liga-Handball ist schwierig. Zweimal Reinhardt, einmal Grundler, einmal Bader: 23:17. Ein Wechselbad der Gefühle für die Fans. Zeitstrafe für die MaDogs, die sich gegen die VfL-Abwehr in Unterzahl sehr, sehr schwer tat. Bei 54:02 und einem Spielstand von 25:20 erhielt der überragende Neuhäuser Torwart Josip Kvesic eine Rote Karte wegen eines Fouls beim Gegenstoß. Andre Alves verwandelte den fälligen Siebenmeter sicher. Nun blies der VfL zur Aufholjagd. Und tatsächlich gelang wieder Andre Alves per Siebenmeter 3 Minuten vor Schluss der 25:24-Anschlusstreffer. Aufgewühlt war es unter den Zuschauern. Sollte es doch noch reichen?

Nein! Der TSV hatte mit Hannes Grundler einen klassischen Führungsspieler, der zum Helden wurde. Zunächst tankte er sich irgendwie in Unterzahl durch und traf erst zum 26:24 und 46 Sekunden vor Schluss zum 27:24. Das ist selbst im Handball die Entscheidung.

Groß war die Enttäuschung beim VfL-Tross, während von den TSV Herzen viele Steine fielen. Erster Heimsieg im neunten Anlauf und vier Punkte gegen einen Nichtabstiegskonkurrenten,

Die Hypothek einer verpassten ersten Halbzeit war am Ende doch zu groß.