Ein Meilenstein-Heimsieg für den VfL Günzburg

Bericht der Günzburger Zeitung von Jan Kubica.

Foto: Ernst Mayer

Handball-Drittligist VfL Günzburg feiert ein 24:22 gegen den TV Plochingen. Schlüssel zum Erfolg sind ein junger Torwart und magische Worte des Trainers.

Als noch 70 Sekunden zu gehen waren in diesem nervenaufreibenden Heimspiel, nahm Stephan Hofmeister die Auszeit. 23:22 führten die Günzburger Handballer, sie hatten den Ball in ihren Händen und durften zuversichtlich davon ausgehen, dass sie das Kellerduell der 3. Liga gegen den TV Plochingen gewinnen würden, wenn, ja wenn sie die Kugel ein 24. Mal im Netz versenken könnten. Jeder dachte, der VfL-Coach würde nun den nächsten, den womöglich siegbringenden Spielzug ansagen. Und was macht Hofmeister? Er erinnert seine Jungspunde daran, dass seit einem Tag – Inzidenz hin, Omikron her – die Bars und Diskotheken in Bayern nun endlich wieder aufmachen dürfen und dass sich das Feiern schließlich nur dann wirklich lohne, wenn man zuvor gewonnen hat.

Es waren, im Rückspiegel betrachtet, magische Worte. Der Thriller endete 24:22 (12:12), die Sporthalle in Günzburg wurde zur Jubelzone und der Coach durfte mit einem breiten Grinsen im Gesicht festhalten, seine Handballer hätten „den Beweis erbracht, dass sie auch unter Stephan Hofmeister ein Spiel gewinnen können“.

Hektisch, fahrig, übernervös

Bis dahin war es ein weiter Weg. Vor allem war es kein Spiel für Ästheten. Hektisch, fahrig, phasenweise übernervös gingen die Konkurrenten im Kampf um den Klassenerhalt zu Werke. Flüssige Kombinationen besaßen hier wie dort Seltenheitswert. Hofmeister merkte dann auch kritisch an, er sei „mit unserem Angriff, vor allem im Rückraum, unzufrieden gewesen“. Wobei hier der kurzfristige Ausfall von Spielmacher Nicolai Jensen, der sich als corona-positiv abgemeldet hatte, sicher eine Rolle spielte.

Entsprechend zäh ging es vor 400 Fans zur Sache. Überhastete Würfe, technische Probleme, peinliche Wechselfehler – zu sehen gab es viel, was einen Abstiegsknüller auszeichnet. Nur Tore gab’s kaum. Und wenn, dann wurde der Ball oft regelrecht über die Linie gezwungen.

Beide Teams greifen beherzt zu

Womit der Betrachtungswinkel zu den Defensivreihen schwenken muss. Hier griffen beide Seiten gleichermaßen kräftig zu, hier wurde die Angelegenheit zum sportlichen Abnutzungskampf. Und an dieser Schnittstelle sollten die Günzburger den entscheidenden Vorteil haben. Denn genau betrachtet waren es drei bemerkenswerte Paraden ihres Torwarts Sascha Langhans, die das Spiel in ihre Richtung lenkten.

Beim Stand von 13:13 kam er erstmals aufs Feld, stellte sich zum Siebenmeter-Duell gegen Axel Goller und parierte (33.).

Dann – inzwischen stand es 19:19 und der Günzburger Andre Alves hatte gerade die Rote Karte für ein übermotiviertes Auskeilen im Bodenkampf gesehen – gab’s erneut Siebenmeter für die Gäste. Wieder trat Goller an, wieder schickte Hofmeister seinen jüngsten Torwart zwischen die Pfosten, wieder ließ sich der Schütze irritieren. Goller zimmerte den Ball an den Querbalken und scheiterte im direkten Nachwurf am diesmal spektakulär haltenden Langhans (51.).

Endgültig zum Helden des Tages wurde Langhans, dem sein Trainer für die komplette Endphase das Vertrauen schenkte, wenige Sekunden vor Schluss der Partie. Er hatte bei der Disco-Ansprache seines Trainers offenbar am allerbesten zugehört. Denn seine Vorderleute vergaben zunächst die Chance zur Entscheidung. Plochingen kam wieder in Ballbesitz, ließ die Uhr runterlaufen, wollte mit einem allerletzten Wurf das Unentschieden erzwingen. Die Verantwortung landete in den Händen von Maximilian Hejni, der bis dahin vier Mal getroffen hatte. Und dabei blieb es, denn Langhans hexte den Gewaltwurf irgendwie aus dem Giebel. Dass Jakob Hermann den folgenden Konter mit dem Tor zum Endstand krönte, ging im weinroten Jubel beinahe unter.

Stephan Hofmeister lobt mentale Stärke

Während sich seine Spieler fröhlich auf den Weg Richtung Partynacht machten, wirkte Hofmeister nach außen hin äußerst gefasst. Tatsächlich werden die Günzburger noch einige Erfolge mehr benötigen, wenn sie die Spielklasse halten wollen. Aber dieser Heimsieg war ein Meilenstein nach dreieinhalb Monaten der Erfolglosigkeit. Sinngemäß formulierte der Coach, man müsse als Team auch beweisen, dass man das Gewinnen nicht völlig verlernt hat. Dafür benötige man „mental harte Hunde“. Sie zu trainieren, bereite ihm „wirklich große Freude“.