SV 64 ZWEIBRÜCKEN – VFL GÜNZBURG 31:22 (15:11)
VfL vergibt die vorletzte Chance zum Neuanfang
An der Vorbereitung lag es nicht. Um die Anreisestrapazen zu minimieren, durfte man auf Einladung des früheren VfL Spielers und heutigen Hoteliers Peri Maier bereits am Vortag ins Parkhotel Weiskirchen anreisen, von wo aus man ausgeruht noch eine Stunde Anfahrt ins rheinland-pfälzische Zweibrücken hatte. Sascha Langhans musste erkrankt zu Hause bleiben, auch Sandro Jooß ging es plötzlich gar nicht gut. Mit allen möglichen Erkältungskrankheiten und dem Corona-Virus müssen sich aktuell aber alle Mannschaften herumschlagen. Auch die Gastgeber hatten etliche Ausfälle und mussten für diese Begegnung gleich fünf Spieler reaktivieren, die zu Saisonbeginn für ihr Landesligateam eingeplant waren. Die Schwaben hatten insgesamt noch Glück. Andre Alves konnte sich längst
symptomfrei erst ein paar Tage vor dem ersten Play-Down-Spiel frei testen.
Die Günzburger starteten mit dem Willen Bäume auszureißen. Die 5:1-Deckung kämpfte aufopferungsvoll und drückte in der Anfangsviertelstunde der Begegnung den Stempel auf. Dennoch gelang Niklas Bayer, der insgesamt acht Treffer erzielen sollte das 1:0. Jakob Hermann, auffälligster VfL-Rückraumspieler glich postwendend zum 1:1 aus. Kein Mensch in der Halle konnte zu diesem Zeitpunkt ahnen, dass es das einzige Remis der Begegnung bleiben sollte.
Yannick Meye in der 8. Minute und Sergi Ala Sanchez in der 11. erzielten weitere Anschlusstreffer zum 3:2 und 4:3. Dann kippte die Begegnung erst zum 6:3 und dann zum 10:6 in der 19. Minute. Es lag nicht an der Abwehr, die Weinroten verbrachten dort die allermeiste Zeit. Sondern es lag an der Ungeduld. Hatte man sich endlich einmal den Ball erkämpft, der höchste Lohn jeder Defensivarbeit, stürmten die Spieler blindlings nach vorne, vergaßen eine geordnete Raumaufteilung, was die viel clevereren Gegner ihrerseits zu Steals und schnellen Gegenstoßtoren nutzten. Die vielen technischen Fehler hebelten die eigene Abwehrarbeit aus, urplötzlich kam der SV zu ganz leichten Toren. Die innere Spielruhe des SV war das große Plus, selbst die zunächst kompakte Deckung um Daniel Jäger hatte nicht zu übereilten Abschlüssen geführt.
Die leichten, völlig unnötigen Fehler machten den Unterschied zur 15:11-Halbzeitführung. Weniger übermotiviertes Rennen und mehr Ruhe, einmal auf eine unübersichtliche Gegenstoßsituation zu verzichten, hätten genügt.
Trainer Hofmeister versuchte in der Kabine die Spielsituation zu beruhigen. Was sind im Handball schon vier Tore, vor allem wenn eigene Fehler der Ausgangspunkt waren. Man könnte ja auch einige einfach weglassen, werden die zehn mitgereisten Tapfersten aller VfL-Fans gedacht haben?
Die Schützlinge von Stefan Bullacher kamen im Gefühl auf dem richtigen Weg zu sein, hoch fokussiert aus der Kabine. Nach dem 16:13 per Siebenmeter von Matevz Kunst brachen sie den VfL-Widerstand. Das ging viel zu einfach. Erst stand es 18:13 und in der 40. Minute 20:14. Die Deckung hatte längst grundlos die Sicherheit verloren und im Kopf spielte das Kino die Geschichte von den vielen unnötigen VfL-Fehlern einer niederlagenreichen Saison. Aus einer Mannschaft wurden vierzehn eigene Hirne. So wird das Spielsystem verlassen, eigene „gute Ideen“ geraten in den Vordergrund und überraschen die Mitspieler. Wenige – und das geht im Leistungssport gar nicht – ergeben sich. Ganz anders die Gastgeber: Auch wenn es einmal nicht so lief, Vertrauen in die Stärke der eigenen Mannschaft war immer da.
Spätestens beim 24:14 in der 48. Minute war die „Messe für die Verlorenen“ gelesen. Drei Tore in 18 Minuten beschreiben den kompletten Systemverlust. Am Ende stand eine auch in der Höhe verdiente 31:22-Niederlage auf dem Spielbericht. Selbst das Schafkopfspielen im Bus war irgendwie traurig.
Das Aushängeschild des Günzburger Handballs verpasste damit die vorletzte Chance auf einen Neuanfang. Nun folgen zwei Heimspiele. Sie sind die letzte Chance auf die Erfolgsspur zurückzukehren. Dabei geht es angesichts von 0:6-Punkten vor allem um das verlorene Glücksgefühl der Sieger. Von selbst kommt es nicht zurück.
Glückwunsch nach Zweibrücken.