Herren – Bayernliga

Ein Hoch auf den Handball

HT München steigt auf – “Handball in Günzburg” beeindruckt

Als die Schlacht geschlagen war, verkündete die Anzeigentafel still ein 27:31. Verstummt war der Hexenkessel zweier großartiger und fairer Fangruppen dennoch nicht. Er blieb in seiner Begeisterung gespalten. Die Handballfreunde aus dem Hachinger Tal feierten zur Südtribüne gerichtet den Aufstieg in die 3. Liga, kaum ein Handballexperte in Bayern hätte ihnen das vor der Runde zugetraut – die VfL Fans beklatschten ihre Handballlieblinge für ein phantastisches Spiel, im dem die Schützlinge von Sandro Jooß ihre körperliche Grenze berührten. Lange ging das Handballfest, jeder der etwa 1500 Zuschauer wird die mitreißende Begegnung noch lange im Herzen tragen. Ganz am Ende ging das Bier aus -. in Bayern immer noch die sicherste Maßeinheit für Zufriedenheit. Die Stimmung war trotz der Niederlage fröhlich. Erinnerungen an längst vergessene Handballzeiten wurden bei den Älteren wach, die VfL-Kinder und – Jugendlichen sehnen sich ohnehin nach Spitzenhandball in Günzburg.

Das 1:0 erzielte Jakob Hermann, der bei jeder einzelnen Aktion den ganzen Hermann hineinwarf. Die Münchner Tempobolzer antworteten mit ihren schnellen Außen Philipp Steuck und Fynn-Bjarne Junior. Besonders mit ihrer ersten Welle heben sich die Handballer aus dem Hachinger Tal von allen Bayernligisten weit ab. Auch in der vierten Auseinandersetzung der Saison rasten beide Mannschaften getreu der neuen Handballglaubensrichtung “Tempo hat keine Grenzen” über die 800 Handballquadratmeter. Per Siebenmeter traf Noah Heisch zum 5:4, der nächsten VfL-Führung. In dieser Phase erhielt der bis dahin beste Gästespieler Tobias Fehrenbach eine Rote Karte. Die Spieler um ihren Trainer Johannes Borschel brauchten einige Zeit um sich neu zu organisieren. Das nutzten die Weinroten. Über den Gegenstoß zogen sie erst auf 8:4 und später auf 9:5 davon. Das eigene Tempo führte nun auch zu Fehlern und der spätere 3. Liga.-Aufsteiger hat viele gute Spieler. Vitus Baumgartner führte mittlerweile geschickt Regie. Beim 11:11 war das Spitzenspiel, das seinen Namen 60 Minuten lang verdiente, komplett ausgeglichen.

Das Spiel veränderte sich. Zwar wurde immer noch die Tempohatz nach erfolgreichem Ballgewinn gesucht. In den Vordergrund spielten sich aber nun beider Defensiven. Dabei tat sich der statische VfL-Rückraum mit der Deckung der Spielgemeinschaft aus Taufkirchen und Unterhaching noch schwerer als umgekehrt. Gräsl, Winter und Kropp brachten ihre Farben mit 11:14 in Front. Gewechselt wurde beim 14:16.
Gerade noch rechtzeitig für die angespannten Nerven und heißeren Kehlen – sie brauchten eine Pause. Eiligst wurden die wichtigsten Halbzeitgeschäfte erledigt, den jeder wollte beim Wiederanpfiff wieder für sein Team lautstark und bereit zum Mitleiden dabei sein.

Hannes Baur erzielte den Anschlusstreffer. Torwart Patrick Rösch agierte glücklicher als sein Vorgänger Patrick Bieber und bekam gleich einige wichtige Bälle zu fassen. Zeitstrafen waren ungünstig, die Münchner entschieden den numerischen Vorteil ebenso sicher wie Nicolai Jensen für die Günzburger. Der VfL-Rückraum rieb sich auf. Der “VfL-Man-of-the-match” Manuel Scholz überwand den Gästeblock immer einmal mit feiner Wurfkunst. Trotzdem entfleuchten die Oberbayern auf 17:21. Mental blieben die Günzburger dieses Mal ungebrochen, die Spieler glaubten weiter an ihre kleine Aufstiegschance. Daniel Jäger lief sich immer wieder erfolgreich frei. Beim 24:25, 25:26 und 26:27 in der 57. Minute war der Direktanschluss jeweils geschafft. Der Handballkrimi aus Schwaben stand auf des Messers Schneide. Tore wurden bei ungebremster Laufbereitschaft zur Mangelware. Jakob Hermann musste wegen eines Kniestoß kurz vom Feld, Yannick Meye hatte eine Rote Karte erhalten und da auch Alexander Jahn erkrankt fehlte, musste in der Günzburger Defensive improvisiert werden. Letzte Einsatzreserven waren längst mobilisiert. Nach dem 27:29 bei 58.02 war dann trotz aller Hingabe Entscheidungsreife als Nicolas Gräsl ein weiteres Tor erzielte.

Eine Werbung für den bayrischen Handball ging danach scheinbar langsam zu Ende, die Entscheidung um den Aufstieg war endgültig gefallen. Ganz herzliche Glückwünsche an HT und viel Erfolg in der 3. Liga.

Für Abteilungsleiter Torsten Zofka war es einem Tag nach der Jahreshauptversammlung nicht nur famoser Sport, sondern auch ein Hochgesang auf die Günzburger Ehrenamtlichkeit. Ein VfL-Rädchen griff ins andere und ermöglichte ein großartiges Handballfest. Herzlichen Dank an alle die dazu beigetrugen. Außerdem war es eine Demonstration für den Amateursport. Unglaublich, was “Feierabendprofis”, die beruflich oder schulisch erfolgreich ihren Mann stehen zur Ehre ihrer Farben leisten können und wie respektvoll zwei Mannschaften und deren Anhänger trotz komplett unterschiedlicher Zielsetzungen miteinander umgehen können. Einzig Cheftrainer Hofmeister schien “not amused”. Seiner Ansicht hat die Veranstaltung vor allem gezeigt, dass der VfL Günzburg schon allein wegen seiner äußeren Möglichkeiten wie der alten Europapokalhalle und der Handballbegeisterung in der Region in die 3. Liga gehört. Jugendmannschaften des VfL Leipheim, des TSV Ottobeuren, der HSG Lauingen/Wittislingen und des SC Ichenhausen nutzten das Freikartenangebot für befreundete Vereine. Eine Bayernliga-Liga-Ära könne lange dauern, irgendwann ende sie aber auch: Entweder in der 3. Liga oder in der Landesliga.

Hier geht es zum Spielbericht:
https://bhv-handball.liga.nu/cgi-bin/WebObjects/nuLigaHBDE.woa/wa/groupMeetingReport?meeting=7317491&championship=BHV+2022%2F23&group=301301