BAYERNLIGA-HANDBALL: DJK WALDBÜTTELBRUNN -VFL GÜNZBURG 25:26 (14:14)
Der Sonntags-Tatort spielte an diesem Wochenende in Dortmund. Dabei ging es 90 Minuten um die Frage „tragischer Sexunfall oder Mord“; der Bayernliga-Krimi wurde schon tags zuvor in der Ballsporthalle zu Waldbüttlelbrunn aufgeführt. Kompakte 60 Minuten dauerte er, ein Höllentempo sah das Drehbuch vor, mal führten die einen dann die anderen, mit Manuel Scholz wurde gar ein Spieler durch schwarze Männer kalt gestellt (kein Mord, sondern eine Rote Karte) und ganz am Ende hieß die Frage zwar nicht „Sein oder nicht sein““; aber immerhin „Ein oder zwei Punkte“: Stefan Knittl löste den letzten Konflikt der Aufführung mit einem Schuss aus Siebenmetern. Lässig, zwar nicht aus der Hüfte, aber immerhin aus dem ganzen Arm. Genau das war zwei Punkte wert.
Auf der Anzeigentafel stand nüchtern wie im Abspann: 25:26. Der Star war die VfL-Mannschaft, alle Spieler waren an dem Coup mit wichtigen Entscheidungen beteiligt und wurden zu Krimi-Helden. Die Waldbüttelbrunner Akteuere fühlten sich nach einer phasenweise phantastischen Leistung wie so oft bei Ein-Tore-Entscheidungen wie gedemütigte Anti-Helden. Verdient hatten sie es nach dieser Leistung nicht.
Daniel Jäger, hinten wie vorne ein Eckpfeiler im Spiel der Schwaben erzielte das 0:1. Ein Tor von Lukas Tendera und zwei typische Scholz-Treffer und es stand 1:3. Beide Abwehrreihen gaben alles, hatten aber gegen den sehenswerten Offensivgeist zunächst keine Zugriffsmöglichkeit. Angriffstaktisch war einiges geboten, die DJK Waldbüttelbrunn spielt unglaublich durchdacht, gerade die linke Angriffsseite hatte richtige „Gemeinheiten“ parat für die VfL-Abwehr. Kein Zuschauer brauchte dieses Spiel zu bereuen, es sein denn er hatte schwache Nerven. Clever, dass die mitgereisten VfL-Mamas diesmal schon auf der Hinfahrt ein Proseccochen wagten, das macht nicht nur fröhlich, sondern senkt auch noch den Blutdruck. Nico Jensen zog das VfL-Spiel klug auf und Patrick Rösch bekam im Offensivspektakel deutlich mehr Bälle an die Hand als seine Gegenüber, so führten in der Anfangsviertelstunde meist die Günzburger u.a. mit 3:6 und 4:7. Der sechsfache fränkische Torschütze Nils Kwiatkowski glich die Begegnung dann zweimal zum 9:9 und 10:10 aus. Jonas Lehr traf per Siebenmeter zum 13:14. Einer der Abwehrchefs Michael Jahn erhielt in dieser Phase ein Zeitstrafe. Ein arges Problem gegen solch einen Angriff. Gut, dass Patrick Rösch in dieser Phase einen Siebenmeter hielt. Den 14:14-Ausgleich durch Jannik Renz konnte aber auch nicht verhindern. Es sollte ein gerechter Pausenstand sein.
In der Kabine gab es wenig zu besprechen, das Günzburger Spielsystem ist für die Spieler mittlerweile auch unter Stress jeder Zeit abrufbar.. So ging es voll Spiel-Vorfreude wieder auf das Parkett. Lukas Mayer erzielte das 15:14. Gleich in der 33. Minute erwischte Manuel Scholz seinen Gegenspieler am Arm, dafür erhielt der einzige echte Routinier im Team der Schwaben eine rote Karte. Michael Jahn, der seit Wochen starke Leistungen im Angriff bringt übernahm. Überhaupt war das Auswechseln nie ein Problem an diesem Tag, jeder fügte sich nahtlos ins Konzept. Wieder hielt der Zerberus Patrick Rösch einen wichtigen Siebenmeter, Stefan Knittl machte es zum 15:15 besser. Heute weiß man, das gab Selbstvertrauen für spätere Aufgaben.
Der Spielschwerpunkt wandte sich. Die Akteure wurden ein wenig müder, die Abwehrreihen bestimmten den neuen Rhythmus. Es wurde beidseits viel schwieriger Tore zu erzielen. Groß und breit genug sind die Franken ja. Erst 17.15, dann 20:17 und 21:18. Der feine weinrote Spielfaden war ein wenig verloren gegangen. Chefrainer Hofmeister setzte in dieser wichtigen Phase auf die Günzburger Handballjugend. Jakob Hermann, Stephan Jahn und Frieder Bandlow zeigten Mut und Übersicht. Dennoch führten die Gastgeber, die zu Hause noch ohne Niederlage waren in der 51. Minute mit 23:21. Man spürte, dass das Team von Trainer Dusan Suchy nach zuletzt 1:5-Punkten unbedingt gewinnen wollte. In einer Auszeit verdeutlichte Stephan Hofmeister seiner Mannschaft noch einmal, dass zu einem ordentlichen Günzburger Samstagabend ein Sieg gehörte. Das saß. Jakob Hermann, Jonas Lehr, Nico Jensen und Stefan Knittl kippten die Begegnung jäh, aus dem Nichts. 23:25! Ganz stark in dieser Phase Jakob Hermann, endlich – so wird er gedacht haben – auf der Königsposition Rückraumlinks. Zwei Treffer erzielte er, einmal schoss er fast das Kreuzeck aus dem erstaunlich stabilen Torgebälk, dann wackelte er seinen Gegner derart aus, dass ihm richtig schwindlig wurde. Sollte die Weinroten auch die schier unüberwindliche grüne Festung nehmen. Es sah danach aus, doch das Drehbuch hatte noch eine böse Überraschung parat:Eine Zeitstrafe gegen Daniel Jäger drei Minuten vor Schluss vor. Die schwäbische Handballhochburg ohne ihr einziges „Industriegebiet“ – das musste schwierig werden. Patrick Bieber hielt durch eine Glanzparade gegen einen Siebenmeter den 23:25-Abstand. Das war so wichtig. Denn in Überzahl glichen Tobias Glogger und Nils Kwiatkowski für ihre Farben aus. Letzter Angriff: Siebenmeter. Da stand nun Stefan Knittl bei 59:58 vor den kleinen Sechs-Quadratmetern und dem riesigen Torwart ausgestattet mit dem Vertrauen seines Trainers und den Hoffnungen seiner Mitspieler. Er traf. Himmelhoch jauchzend die einen – zu Tode betrübt die anderen.
Der VfL ist nun dem Zweiten Waldbüttelbrunn bis auf einen Punkt auf die Pelle gerückt.
Die Restprogramme:
Waldbüttelbrunn muss noch nach Eichenau und empfängt zum Saisonfinale HSC Bad Neustadt. Der VfL spielt erst daheim gegen HT München und darf dann noch zum Schwaben-Derby nach Friedberg. Schwierig, aber nichts ist unmöglich.
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