BAYERNLIGAHERREN – MEISTER UND AUFSTEIGER

In einer historisch einmaligen Entscheidung des Bayerischen Handballverbands zur Wertung der Saison 2019/2020 ist der VfL Günzburg bayerischer Handballmeister und damit zum Aufstieg in die dritte Bundesliga berechtigt. Damit ist der Günzburger Handball innerhalb von sieben Jahren von der sechsten in die dritte Liga aufgestiegen und spielt so hochklassig, wie seit dem Bundesligarückzug im Jahr 1993 nicht mehr.

Wirklich gerechnet haben dürfte mit der Meisterschaft vor Rundenbeginn kaum einer. Ein personeller Umbruch sowohl in der Mannschaft, als auch auf der Trainerposition erschien die Saison eher schwieriger werden zu lassen, als das in den vorangegangenen Jahren der Fall war. Nach einigen Schwierigkeiten am Anfang kamen die VfL´er ab Mitte der Hinrunde so richtig in Fahrt, schlossen den Abstand zu den Spitzenteams und avancierten im neuen Jahr mit einigen herausragenden Spielen vor heimischem Publikum endgültig zum Meisterschaftsaspiranten.

Die Coronakrise traf den Handballsport ebenso unvermittelt, wie sie die restliche Gesellschaft erwischt hat. Die Entscheidung des BHV, die Quotientenregel anzuwenden ist unter vielen schlechten Optionen eine der günstigen für den VfL. Trotzdem hat der VfL einen ganz besonderen Moment in seiner Geschichte nun nicht komplett sportlich erreichen können, vielmehr hat die Meisterfrage am grünen Tisch geklärt werden müssen. Bitter ist das für den direkten Mitkonkurrenten aus Bayreuth, der mit einem Pluspunkt Vorsprung und dem alles entscheidenden Spiel daheim gegen die Günzburger nicht nur noch alle Chancen gehabt hatten, vielleicht hatten sie auch die günstigere Ausgangslage. Die VfL´er freuen sich ungemein über den Aufstieg, hoffen allerdings zeitgleich, dass der BHV vielleicht doch noch eine Lösung findet, durch die auch die Bayreuther aufsteigen können. Verdient hätten sie es allemal nach so einer tollen Saison.

So groß die Freude über die Meisterschaft nun an der Donau auch ist, das Abenteuer „Liga Drei“ wirft schon große Schatten voraus. Befanden sich die Legostädter bisher in der Bayernliga im Amateurbereich an der Grenze zum Leistungssport, so finden sie sich nun im Leistungssport an der Grenze zum Amateurbereich wieder. In dieser Liga ist der VfL mit seinem „Günzburger Weg“- durch den vor allem auf die eigene Jugend und nicht auf das große Geld gesetzt wurde – ein wahrer Exot. Insbesondere die Spitzenteams haben monetär eine Schlagkraft, von der der VfL nun seit knapp 30 Jahren weit entfernt ist und finanzieren sich mit vielen Hochkarätern und einigen Profis den Kampf um die vorderen Plätze. Aber auch weiter unten unterscheiden sich die Budgets der Teams deutlich von dem der Günzburger. Allerdings gehört auch zur Wahrheit dazu, dass der VfL auch in der Bayernliga geldtechnisch zum unteren Mittelfeld gehört hat und das hat ja immerhin zur Meisterschaft gereicht.

Durch die Lage Günzburgs im Südwesten Bayerns ergibt sich ein für Günzburg interessantes Paradoxon. Aller Voraussicht nach wird der VfL in die Südstaffel eingeteilt werden. Hierdurch würden die weiten Fahrten ins fränkische durch Spiele in Baden-Württemberg ersetzt werden, was fast jedes Auswärtsspiel trotz des Aufstiegs näher an Günzburg heranrücken lässt. Auch der Derbygegner rückt näher an das Legoland heran. Das bisherige Schwabenduell gegen den TSV Friedberg wird durch ein Derby gegen den aus dem Großraum Ulm stammenden TSV Blaustein ersetzt, welche große Berührungspunkte mit dem VfL aufweisen. So spielten Kapitän Patrick Bieber im Aktivenbereich und die Brüder Hermann im Jugendbereich jahrelang für die Blausteiner und zur Zeit spielen mit Louis Dück und Devin Ugur zwei hochtalentierte ehemalige Günzburger Jugendspieler für den TSV.
Das Abenteuer dritte Liga wird also nicht nur eine sportliche Herausforderung, vielmehr rücken die Gegner ein deutliches Stück näher an Günzburg heran und es werden sich eine Reihe von hochbrisanten Duellen mit großem Zuschauerinteresse ergeben.