Füchse Berlin in Günzburg: Auf Tuchfühlung mit den Stars
Bericht der Günzburger Zeitung zum Spiel gegen die Füchse (von Alexander Sing)
Die Bundesligaspieler der Füchse Berlin sammeln beim Gastspiel in Günzburg nicht nur viele Treffer, sondern auch Sympathien. Aber auch der VfL kann seine Fans begeistern.
Der kleine Quirin ist sauer. Gleich fängt das Spiel seines VfL Günzburg gegen die Füchse Berlin an. Bayernliga gegen Bundesliga. Er steht mit anderen Kindern bereit, die Mini-Handballer sollen mit den Spielern einlaufen. Aber Quirin steht auf der falschen Seite. Er soll mit einem Spieler der Heimmannschaft die Halle betreten. Dabei hätte er doch viel lieber einen Star an die Hand genommen, Silvio Heinevetter vielleicht, oder Steffen Fäth. Immerhin, Autogramme hat er sich schon geholt. Stolz zeigt der Junge sein blaues Schweißband, das über und über vollgekritzelt ist.
Vor der Partie in der Rebayhalle geben sich die Stars aus der Hauptstadt alles andere als abgehoben. Sie unterschreiben gut gelaunt, was man ihnen unter die Nase hält, und posieren für Selfies mit großen und kleinen Fans. Für die Günzburger ist es das Spiel des Jahres. Für die Berliner ist das Gastspiel der Auftakt zu einer kleinen Testspieltour. Die Mannschaft von Trainer Velimir Petkovic steckt mitten in der Vorbereitung auf die neue Bundesliga-Saison, die am 19. August beginnt. Berlins Sportkoordinator Volker Zerbe erklärt: „Diese Spiele dienen vor allem dazu, spielerisch wieder reinzukommen. Die Spieler waren vor gut drei Wochen noch mit ihren Nationalmannschaften unterwegs und hatten nur eine kurze Sommerpause. Und natürlich wollen wir uns auch unseren Fans zeigen.“ Dass der VfL drei Klassen tiefer spielt, stört da nicht. Im Gegenteil: Zerbe lobt die große Tradition der Günzburger. „Ich habe selbst in meiner aktiven Zeit in der Bundesliga gegen sie gespielt. Die ganze Stadt ist sehr handball-affin.“
Tatsächlich kann man nicht sagen, dass Günzburg seine Handballer bei diesem großen Spiel nicht unterstützt. Bereits eine Stunde vor Spielbeginn sind die Tribünen schon gut gefüllt, am Ende sind es rund 1200 Zuschauer, die den VfL nach vorne peitschen wollen. Klatschpappen und Trommeln sorgen schon vor Spielbeginn für die richtige Geräuschkulisse gegen den Bundesligisten. Am Ende hat es natürlich nicht gereicht gegen diese mit Nationalspielern gespickte Mannschaft. Mit 24:40 verliert der VfL gegen die Gäste aus der „stärksten Liga der Welt“.
Was aber mehr zählt als das Ergebnis, ist das Erlebnis. Die junge Günzburger Mannschaft nutzt diese einmalige Chance und beginnt ohne Scheu vor großen Namen. Michael Jahn ist der erste Günzburger, der den 162-fachen Nationalspieler Heinevetter im Tor der Berliner überwinden kann. In der Anfangsviertelstunde hält der Bayernligist gut mit, schafft sogar mehrfach den Ausgleich. Man merkt den Berlinern an, dass sie noch nicht im Wettkampf-Modus sind. Auch Torwart Patrick Rösch schafft die ein oder andere sehenswerte Parade, genauso wie Patrick Bieber in der zweiten Hälfte.
Doch mit fortschreitender Spieldauer ziehen die Gäste immer weiter davon. Zur Pause steht es 13:20. Die Berliner spielen ihren Vorteil, dass sie durch die Bank einen gefühlten Kopf größer sind als die Günzburger, voll aus. Gegen ihre Rückraumkracher ist oft kein Kraut gewachsen. Auch stellt der Bundesligist immer wieder seine Schnelligkeit und technischen Fähigkeiten unter Beweis.
Nicht nur einmal erinnert VfL-Trainer Stephan Hofmeister seine Spieler lautstark daran, an die „Abwehr!“ zu denken. Denn die Füchse überqueren in einem atemberaubenden Tempo das Spielfeld, oft vergehen vom Berliner Tor weg nur Sekunden und ein oder zwei Pässe, dann liegt der Ball im Günzburger Netz. Besonders spektakulär ist der Wurf von Berlins Fabian Wiede, der den Ball einmal quer durch die Halle schleudert, bis er hinter dem verdutzten Patrick Bieber im Tor landet.
Doch auch den Weinroten gelingt der ein oder andere sehenswerte Angriff. Am Ende teilen sich Michael Jahn, Niko Herrmann und Manuel Scholz mit je vier Treffern den Titel des treffsichersten Günzburgers. Trainer Hofmeister ist mit dem 24:40 hochzufrieden. „Wir haben am Anfang sehr gut mitgehalten. Aber bei dem Klassenunterschied muss das Ergebnis dann auch so aussehen.“
Außerdem muss der Coach hinterher einen taktischen „Fehler“ gestehen. „Ich habe blockweise gewechselt, das ist im Handball eigentlich total unüblich. Aber ich wollte allen Jungs die Chance geben, gleich viel von diesem Erlebnis mitzunehmen.“ Torwart Patrick Bieber zeigt sich hinterher ebenfalls begeistert. „Gerade für die jungen Spieler ist es toll, so was mitzuerleben. Die Berliner haben ordentlich Dampf gemacht, das war super.“