Bayernliga-Handball: TG Landshut – VfL Günzburg

Im Nachhinein kann man es ja schreiben: Schlimmer ging es wirklich nicht. Saisonstart beim letztjährigen Dritten und Zweiten, längerer Ausfall von Patrick Rösch und Niko Hermann, Jonas Lehr kehrte nach fünfwöchiger Verletzungspause just zum ersten Punktspiel ins Team zurück und zu “schlechter Letzt” reißt Daniel Jäger, dem einzigen Spieler, der im ersten Bayernligajahr der Konkurrnz so etwas wie Furcht einflößte das Kreuzband. Und das Alles bei genau 12 Feldspielern. Da könnte man schon ein wenig Herum-Jammern.

Nicht so der VfL Günzburg. Das Bayernliga-Team rückte enger zusammen. Die Vorbereitung war kein Leidensweg, sondern vermittelte Selbstvertrauen. Top-fit kann die Krise auf dem Spielfeld gemanagt wird.

Der 30:29-Auswärtssieg (Halbzeit: 12:11) war keine leichte Schauspielkunst. Es war ein fesselnder Niederbayernkrimi, kurz vor Schluss sah es für die tapferen Schwaben noch aussichtsloser aus als im Franken-Drama eine Woche davor. Doch der Hauptdarsteller, ein geschlossenes VfL-Team rettete nach einem Fünf-Tore-Rückstand mit dem Schlusspfiff zwei Punkte in den ausgebuchten Fansbus.

Manuel Scholz, ganz am Ende des Spiels der Held, hatte zunächst Pech mit seinen verzinkten Würfen, auch das nützte die TG Landshut zu einer 3:1-Führung. Angeführt von einem überragenden Spielmacher Nico Jensen, der ganz nebenbei auch noch 11 Tore erzielte, glichen die Weinroten bis zum 6:6 aus. Dann lagen die Vorteile bis zur Halbzeit bei den Günzburgern. Die erste Führung erzielte Rückraumbomber Pascal Buck zum 7:6. Beim 10:7 dachten der lautstarke VfL-Tross nicht nur an das schöne Halbzeit-Bier, auch leise Träume von launigen Siegessängen auf der Rückfahrt brachen sich Bahn. Das war zu früh. Die Turngemeinde wollte nach der knappen Auswärtsniederlage bei HaSpo Bayreuth die Heimpunkte behalten. Zum Seitenwechsel stand ein 11:12 auf der Anzeigentafel. Die Pause tat nach der Kämpferei tut. Besonders Kapitän Leix, der erneut für Drei spielte.

Entscheidungsreife war noch lange nicht. Der Krimi wurde noch spannender – kaum auszuhalten für eine engagierte Handball-Mama. In der 35. Minute erzielte Nicolai Jensen, der in dem Spiel so viel Handballspaß hatte wie weiland bei den JBLH-Endrunden in Baunatal, die vorerst letzte VfL-Führung zum 15:14. Das robuste Gastgeberteam übernahm nun das Heft des Handelns. Erst hart umkämpft. Es stand 17:17 und 18.18. Es war die Zeit, in der Abwehrspieler Pausen für den Enspurt brauchten. Zeitstrafen kamen dazu. Die Spieler der Turngemeinde spürten das Schwächeln, drückten aufs Tempo. Erste weinrote Felle schwammen auf der Isar. In der 45. Minute gerieten sie schon ein wenig außer Sicht. 24:19 vermerkte die umsichtige Sekretärin am Kampfgericht. Niko Hermann, der Cheftrainer Hiofmeister beim Coachen auf der Bank unterstütze, trieb die Seinen lautstark an. Pascal Buck lief zur Höchstform an. Jonas Guckler schraubte einen Hammer von Linksaußen ein. Jakob Hermann, der Allrounder im Team nahm in Abwehr und Angriff seine sage und schreibe dritte Position ein, so sehr musste an der körperlichen Grenze nach immer neuen guten Lösungen gesucht werden.

Der VfL kam näher, die Fans trommelten und pushten. Auch dort war das Team zu spüren. Julian Nief, aktuell beim HRW Laupheim, nützte sein spielfreies Wochenende um seine Handballfreunde zu unterstützen. Und selbst Daniel Jäger nahm mit Schiene den beschwerlichen Weg in die Bezirkshauptstadt auf sich. Die Schiene war notwendig, denn auch ihn hielt es nicht auf dem Sitz.

TG-Trainer Milan Sedivec reagierte und nahm den überragenden Pascal Buck in Manndeckung. Eigentlich eine gute Idee – doch nun hatte Manuel Scholz Platz. Vier Treffer erzielte er in den letzten zehn Minuten. 26:29 stand es in der 57. Minuten. Kommt man da noch einmal heran, kann man da noch irgendwie Punkt holen?

Man kann sogar gewinnen – ausnahmsweise, wenn die Handballgötter gewogen sind und wenn man sich bedingungslos traut.

Jensen, Jensen, Buck hießen die Torschützen. Zwanzig Sekunden vor Schluss: Unentschieden – der letzte Angriff. Prima – damit konnte man zufrieden sein. Doch nicht genug des Handballglücks: Zwei Sekunden vor Schluss. Manuel Scholz knipste. Hart war der entscheidende Wurf nicht, das Ding brauchte genau diese zwei Sekunden um den Weg über die Torlinie zu finden.

Pure, entfesselte Freude bei den Günzburgen, Schockstarre bei den Landshutern. Harter Handball!

Gefeiert wurde im Bus. Noch größer war jedoch die Vorfreude: Nach einem viertel Jahr Vorbereitung und zwei Auswärtsspielen darf am kommenden Wochenende endlich zu Hause gespielt werden.

Es spielten: Bieber, Mendle; Knittl (4), Guckler (1), Jahn, Buck (7), Leix, Hermann, Groß (1), Jensen (11), Lehr (1), Scholz (5).